Nach der Reggio-Pädagogik brauchen kompetente Kinder kompetente Erzieher

Tagesmütter und -väter bei der Weiterbildung (c) Institut für Selbstmanagement und Innovation Dr. Kristina Schubert

Tagesmütter und -väter bei der Weiterbildung (c) Institut für Selbstmanagement und Innovation Dr. Kristina Schubert

Lassen Sie mich zunächst von einem Erlebnis berichten, bevor wir zu den Kompetenzen von Erziehern in der Reggio-Pädagogik kommen.
Im Spielzimmer eines Hotels treffen Kinder verschiedenster Altersstufen und Neigungen aufeinander. Gewöhnlich sind sich die Kinder fremd. Genau in einem solchen Spielzimmer trug sich Folgendes zu:

Ein Junge ca. 6 Jahre baute sich mit großen Plaste-Lego-Steinen ein Haus. Als er die Wände fertig hatte, holte er sich die kleinen Stühle in sein neu erbautes Zimmer. Kaum war er fertig, kamen andere Kinder und wollten auch mit den Lego-Steinen bauen. Doch der Junge hatte alle verbraucht. Ein Mädchen, ca. 5 Jahre, wagte sich vor und wollte sich aus dem Haus des Jungen Steine entnehmen. Sie wolle auch bauen, so sagte sie. Doch der Junge wehrte sie ab. Er wollte keine Steine abgeben, alle für sich behalten. Traurig und mit gesenktem Kopf stellte sich das kleine Mädchen etwas abseits. Dann sprach sie leise eine Mutti an: „Ich möchte auch einige Lego-Steine. Der Junge gibt mir nichts ab.“ Aber die junge Mutti mischte sich nicht ein. Das Mädchen versuchte erneut Steine zu erhaschen. Immer wenn der Junge wegsah, versuchte sie einen der Steine für sich zu nehmen. Doch der Junge verteidigte sein Reich erfolgreich. Plötzlich kam ein 2,5 Jahre alter Junge hinzu. Wahrscheinlich verstand er die Situation eher als ein Spiel und weniger als Streit. Während der Junge und das Mädchen um einen Stein stritten, war der kleine Junge an der anderen Seite des Hauses und klaute dort Stein für Stein. Drehte sich der größere Junge um, war er schon weg. Inzwischen konnte sich das Mädchen einen Stein holen. So ging der „Kampf“ um die Steine einige Minuten weiter. Während sich das Mädchen und der kleine Junge amüsierten und zusammenarbeiteten, geriet der größere Junge immer mehr in Wut, bis er weinend davonlief.

Streit zwischen Kindern um Spielsachen gehören zum Alltag. Doch wie reagiert man als Erwachsener am Besten darauf? Hatten Sie gerade Mitleid mit dem größeren Jungen? Denken Sie, ihm stehen die Steine zu, da er als Erster damit gespielt hat? Oder sollte man in einer solchen Situation an die Vernunft des Älteren appellieren und zum Teilen auffordern? Für welches Kind würden Sie Partei ergreifen?

Und was machen die Erzieher in der Reggio-Pädagogik?

Wie man an dieser Geschichte schön erkennen kann, spielt jedes Kind seine Stärken aus – der große Junge kann sich kräftemäßig gut gegenüber dem Mädchen durchsetzen, das Mädchen fährt die Strategie des Mitleides – ich bin schwach, Mutti hilf mir und der kleine Junge nutzt seine Schnelligkeit und Gewandtheit. Und alle drei Kinder haben eine Lernerfahrung gemacht. Jedes Eingreifen von Erwachsenen, und wäre es noch so gut gemeint, hätte diese Lernerfahrung verhindert. Für das Leben wichtige Kompetenzen, wie Durchsetzungsvermögen, die Kraft der Zusammenarbeit, Entscheidungsfähigkeit, hätten nicht erworben werden können.

Für Erzieher heißt das, die Fähigkeit zu brauchen, genau zu beobachten, um den Punkt einer eventuellen Eskalation nicht zu verpassen und Ruhe zu entwickeln und auszustrahlen, um den Kindern das Selbstvertrauen zu geben, dass diese ihre Auseinandersetzungen selbst lösen können. So zumindest meint die Reggio-Pädagogik. Die Reggio-Pädagogik lädt Kind und Erzieher gleichermaßen ein, sich auf eine Forschungs- und Entwicklungsreise zu begeben. Gerade in Situationen, in denen Kinder ihre Kräfte messen, fällt manchmal schwer, sich zurückzuhalten.

Weitere Erzieher-Kompetenzen, um im Sinne der Reggio-Pädagogik zu handeln, sind:

  • sehr gute Beobachtungsfähigkeit, ohne zu interpretieren oder zu bewerten;
  • Selbstfeedback – die Fähigkeit die eigenen Verhaltensweisen zu spiegeln und Fehler offen einzugestehen
  • die Fähigkeit über den Dingen zu stehen, ohne „Besserwisser“ sein zu wollen;
  • Geduld und innere Ruhe, um sicherzustellen, den Kindern genügend Zeit für ihre Entwicklung zu geben;
  • die Fähigkeit sich zurückzuhalten, sich nicht vorzeitig in Prozesse einzumischen,
  • Kreativität, um Lernprozesse am Laufen zu halten,
  • die Fähigkeit selbst am Prozess zu lernen und auch bereit dafür zu sein.

30 Tagesmütter/-väter haben in Leipzig am Grundkurs Reggio-Pädagogik teilgenommen und sich mit den Grundregeln und Anforderungen vertraut gemacht. Tagesmütter/-väter haben in Leipzig am Grundkurs Reggio-Pädagogik teilgenommen und sich mit den Grundregeln und Anforderungen vertraut gemacht. Einige davon haben sich auf den Weg gemacht, um Elemente der Reggio-Pädagogik in ihre Tagespflege einfließen zu lassen.

Autorin: Dr. Kristina Schubert, Inhaberin: Institut für Selbstmanagement und Innovation, Dipl. Pädagogin, NLP-Trainerin und Lernbegleiterin

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