Neue Datenbank: Biblischen Namen auf der Spur

Kinder versichern ist keine Hexerei, wenn man weiß, worauf zu achten ist (c) robertofoto / pixabay.de

Kinder versichern ist keine Hexerei, wenn man weiß, worauf zu achten ist (c) robertofoto / pixabay.de

Simon, Rahel, Lea: Viele Eltern geben ihren Kindern biblische Namen. Für deren Herkunft interessieren sich Wissenschaftler aus Würzburg, Heidelberg und München: Sie bauen derzeit eine Datenbank für biblisch-hebräische Personennamen auf.

Der Name Simon bedeutet ursprünglich „Gott hat erhört“. Damit dürften alle Eltern, die ihren Sohn so genannt haben, ganz zufrieden sein. Wer aber eine Tochter namens Lea hat und dann erfährt, dass sich dieser schöne Name womöglich vom althebräischen Wort für „Kuh“ ableitet, ist vielleicht ein wenig pikiert.

Einen biblischen Vornamen trägt auch der Würzburger Theologie-Professor Hans Rechenmacher. Als Bibelexperte kann er natürlich erklären, wie sein Name entstanden ist: Er leitet sich ab von „Jahwe hanan“ (Jahwe hat sich erbarmt), das zu „Johanan“ verkürzt erscheint. Über Johannes wurde daraus schließlich die Kurzform Hans.

Hans Rechenmacher hat nicht nur einen biblischen Namen, er ist auch „Hebraist aus Leidenschaft“, wie er selber sagt. Als Professor befasst er sich vor allem mit der Entstehung der biblischen Bücher. 2012 hat er ein Buch über althebräische Personennamen veröffentlicht; aktuell arbeitet er mit Kollegen aus Heidelberg und München am Aufbau einer Datenbank der biblisch-hebräischen Namen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt mit rund 230.000 Euro.

Dank für die Geburt eines Kindes

„Die Bibel steckt voller Namen; sie benennt zum Beispiel über Seiten hinweg alle Rückkehrer aus dem babylonischen Exil“, sagt der Würzburger Professor. Dabei bestehen die ältesten biblischen Namen fast immer aus kompletten Sätzen: Gott hat sich erbarmt, Gott hat erhört, Gott hat gegeben.

Die Namen mit Gottesbezug sind im Zusammenhang mit Familie und Geburt zu sehen: Sie drücken Dankbarkeit dafür aus, dass ein Kinderwunsch in Erfüllung ging, wie im Fall Simon („Gott hat erhört“). Auch der Nachname des israelischen Premierministers Netanjahu leitet sich so ab, er bedeutet ursprünglich: „Jahwe hat gegeben“.

Maleachi und andere literarische Namen

In der Bibel kommen aber noch andere Namenstypen vor – zum Beispiel solche, die speziell für die Literatur erdacht wurden. Sie tauchen zwar in den biblischen Texten auf, doch als Namen für reale Menschen waren sie nie in Gebrauch. Das trifft unter anderem vermutlich beim Propheten Maleachi zu, dessen Name schlicht und einfach „Gottes Bote“ bedeutet.

„In diese Kategorie gehören vielleicht auch Lea und Rachel, die Frauen des israelitischen Urvaters Jakob“, so Rechenmacher: Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Name Lea von „Kuh“ ableitet und Rachel von „Mutterschaf“. Sie meinen, dass die zwei Namen die Abstammung der Israeliten aus Völkern von Rinder- und Schafzüchtern symbolisieren sollen. Diese Ansicht wird laut Rechenmacher allerdings kontrovers diskutiert.

Zugänge zur Religionsgeschichte

Biblische Namen sind für die Wissenschaft aus mehreren Gründen interessant. An ihnen lassen sich unter anderem religions- und sprachgeschichtliche Aspekte nachvollziehen, etwa die immer stärkere Hinwendung zu einem einzigen Gott (Jahwe) im alten Palästina.

Ein Beispiel dafür: In älteren Schichten der biblischen Überlieferung taucht noch der syrische Wettergott Haddad als Teil von Personennamen auf, etwa in der Form „Haddad ist erhaben“ (Hadoram). Spätere Schichten korrigieren den unorthodoxen Namen zu „Der Herr ist erhaben“ (Adoniram). „An solchen Spuren können wir historische Veränderungen ablesen“, erklärt Rechenmacher.

Womit die Datenbank gefüttert wird

Eins vorneweg: Die Datenbank, an der Rechenmacher mitarbeitet, ist weitaus mehr als eine reine Auflistung und Erklärung von Namen. Sie eignet sich darum auch nicht für Laien, die den Ursprung biblischer Namen ergründen wollen. Ihre wichtigste Grundlage bilden so genannte masoretische Manuskripte. Das sind Handschriften aus der Zeit zwischen den Jahren 700 und 1000, von jüdischen Gelehrten sehr gewissenhaft angefertigte Kopien althebräischer Bibeltexte.

Weiterhin sind griechische und lateinische Transkriptionen von Personennamen für die Datenbank vorgesehen. Berücksichtigt werden auch keilschriftliche und andere Textquellen – schließlich gab es in der Zeit, als die Bibel entstand, im Alten Orient viele semitische Sprachen, zum Beispiel aramäisch und akkadisch.

Zielgruppe: Experten fürs Altertum

Die Möglichkeiten, die sich durch die Datenbank eröffnen, sind vor allem interessant für Alttestamentler, Altorientalisten und andere Experten fürs Altertum. „Man wird in der Datenbank zum Beispiel gezielt nach Namenselementen und -strukturen suchen können, zum Beispiel nach allen Personennamen, die den Wortbestandteil ‚hat erhört‘ tragen“, erklärt Rechenmacher. Für die wissenschaftliche Arbeit seien solche Forschungsmöglichkeiten von großer Bedeutung.

Fakten zum Datenbank-Projekt

Am Datenbankprojekt der biblisch-hebräischen Namen sind von Universität Würzburg Professor Hans Rechenmacher und seine Mitarbeiterin Annemarie Frank beteiligt. Der Heidelberger Projektpartner ist Professor Viktor Golinets von der Hochschule für Jüdische Studien, von der LMU München ist die von Christian Riepl geleitete IT-Gruppe Geisteswissenschaften mit dabei. Auf Rechnern der LMU wird die Datenbank auch installiert; der Zugriff darauf soll voraussichtlich ab Mitte 2017 über eine Web-Oberfläche möglich sein.

Kontakt

Prof. Dr. Hans Rechenmacher
Professur für biblische Einleitung und biblische Hilfswissenschaften, Universität Würzburg
T (0931) 31-81009
hans.rechenmacher@theologie.uni-wuerzburg.de

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