Seit März 2020 müssen Gemeinschaftseinrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe den Impfstatus bei Kindern und Jugendlichen überprüfen. Ein Grund für die Einführung der Masernimpflicht ist mangelndes Wissen und die notwendige Einsicht, dass schwere Krankheiten lieber auszurotten als auszuhalten sind. Der Fluch und Segen für Einrichtungen besteht nun darin, den Eltern die richtigen Informationen zu entlocken oder gegebenenfalls bei Impfverweigerung den Platz zu kündigen.
Inhaltsverzeichnis
Was sich seit Einführung der Masern-Impfpflicht getan hat
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat erstmals seit Einführung der Impfpflicht Daten zum Impfstatus bei Kindern und Jugendlichen aus den Schuleingangsuntersuchungen und Abrechnungsdaten der niedergelassenen Ärzteschaft in einem gemeinsamen Bericht ausgewertet und zum 30.07.2020 veröffentlicht.
„Die Ergebnisse zeigen, dass immer noch wichtige Impfziele verfehlt werden. Entscheidende Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind in allen Altersbereichen zu niedrig“Prof. Dr. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts
Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) werden oft später als empfohlen umgesetzt. Gerade Kinder, die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen wollen, müssen aber ausreichend geschützt sein. Kinder, die von Ihren Eltern später als empfohlen, geimpft werden, bleiben zudem länger und unnötig ungeschützt. Weltweit arbeiten die Länder seit Jahrzehnten daran, Krankheiten, wie Polio (Kinderlähmung) oder Masern auszurotten.
Im Alter von 24 Monaten waren zuletzt 68% der Kinder zweimal gegen Masern geimpft. Zum Schuleingang hatten 93% der Kinder die 2. Impfung erhalten. Zum 6. Geburtstag waren rund 35.000 Kinder in Deutschland gänzlich ohne Masernimpfung. Die Auswirkungen des Masernschutzgesetzes werden in den zukünftigen Berichten untersucht werden können.
RKI zur Masernimpfung
Es gibt internationale Impfziele, die weltweit zu erreichen sind. Das sollte gerade in den westlichen Ländern aufgrund der guten Infrastruktur und der exzellenten medizinischen Versorgung kein Thema sein. Seit Jahren ist das aber gerade da ein echtes Problem!
Abneigung gegen die Schulmedizin und gegen das Impfen
In den westlichen Ländern wächst die Abneigung gegen schulmedizinische Behandlungen. Allgemeine Aussagen, wie:
- Ich gehe nicht zum Arzt! (auch, wenn ich krank bin)
- Ich gehe nur zum Arzt, wenn es gar nicht mehr anders geht!
- Ich nehme keine Medikamente! (auch, wenn sie unter Umständen notwendig wären)
- Ich lasse mich nicht impfen!
- Ich behandle mich selbst!
Der Arzt wird in Gesprächen schnell zum Quacksalber und die Schulmedizin zum Testgelände für die Pharmaindustrie. Dabei hat gerade die Weiterentwicklung der Medizin und die Forschung auf diesem Gebiet erst unser heutiges gutes Leben ohne (schwere) Krankheiten ermöglicht. Eine Reihe von Impfungen in den DDR bis zum 18. Lebensjahr waren Pflicht. In der BRD war das Impfen gegen Pocken Pflicht. Wer mal über den Tellerrand schaut, hat insbesondere in zweite und dritte Weltländern einen anderen Status. Organisationen, wie Ärzte ohne Grenzen, kämpfen immer noch mit Impfungen gegen Krankheiten, die wir längst ausgerottet haben. Die häufigsten Gründe gegen das Impfen bearbeitet und entkräftet das RKI aus seiner Webseite.
In Deutschland fehlt es an der Auswertung und Zusammenführung von Daten
Wie das RKI mitteilt, ist die Erfassung des Impfstatus bei Kindern und Jugendlichen in bundesweiten Untersuchungen eine große Herausforderung. Kinder bis 18 Jahre werden in der Regel beim Kinderarzt geimpft. Dokumentiert wird das natürlich im Impfausweis. Bei den Schuleingangsuntersuchungen prüft das Gesundheitsamt den Status aber nicht, wann die Impfung erfolgte. Diese Daten erfasst die Kassenärztliche Vereinigung in ihren Abrechnungsdaten. Beide Datenquellen müssten für eine verlässliche Auswertung über das nationale und regionale Impfgeschehen zusammengeführt werden. Die aktuelle Analyse umfasst Daten aus aus den Schuleingangsuntersuchungen 2018 und Abrechnungsdaten bis einschließlich 2019.
Große regionale Unterschiede beim Impfstatus
Regional gibt es teils hohe und teils sehr niedrige Impfquoten. Lokal niedrige Impfquoten können für Ausbruchsgeschehen verantwortlich sein, sobald ein hochansteckender Erreger wie beispielsweise das Masernvirus in solche Regionen importiert wird. Die Ursachen solcher regionaler Impflücken sollten untersucht und Gegenmaßnahmen ergriffen werden. In den letzten Jahren zeigt sich beim Schuleingang ein leichter Rückgang der Impfquoten bei den Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten. Kein Rückgang gibt es mehr bei Impfungen gegen Kinderlähmung (Polio) oder Haemophilus influenzae Typ b (HIB), wobei letztere Erkrankung bei kleinen Kindern vor allem eine schwere Hirnhautentzündung sowie eine Reihe weiterer schwerer Organentzündungen bis hin zur Sepsis auslösen kann. Die Impfquoten der Hepatitis-B-Impfung sind erstmals wieder leicht angestiegen. Ebenso wird in den letzten 10 Jahren öfter gegen Meningokokken C, Pneumokokken oder Windpocken geimpft.
Die Impfung gegen Krebs funktioniert besser!
Eine neue Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs hat vor ein paar Jahren Aufmerksamkeit erregt. Zu recht. Gebärmutterhalskrebs betrifft natürlich nur Mädchen, die Erreger Humane Papillomaviren (HPV) übertragen jedoch auch Jungen. 15-jährige Mädchen sind durch die Impfung über die vergangenen Jahre immer besser gegen diese Krebsart geschützt. Die STIKO hat 2014 das empfohlene Impfalter gesenkt. Seit 2018 ist die HPV-Impfung erst für Jungen empfohlen. Die Nutzungsquote dafür steht also noch aus.
Verantwortung übernehmen und Eltern weiter informieren
Gesundheitsaspekte berücksichtigen Konzepte im Bildungsbereich natürlich sowieso. Unter dem Begriff somatische Bildung stecken diese Aspekte der Bildung auch in den Bildungsplänen, in den Lehrplänen und in den vielfältigen Konzepten von Gemeinschaftseinrichtungen. Als Dienstleister in diesem Bereich haben Sie demzufolge eine herausgehobene Aufgabe und Verantwortung. Die Aufklärung über die Gesundheit, den Körper und die Entwicklung einer somatischen Kultur ist ein wichtiger Aspekt im Bildungsbereich.
Die WHO definiert Gesundheit als Zustand eines vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefinden. Das macht die Aufgabe und Verantwortung noch größer. Die eigene Gesundheit zu befördern, ein passendes Lebenskonzept zu finden und am Ende des Tages sich in allen 3 Bereichen gesund zu fühlen, ist notwendig. Sich impfen zu lassen, um schwere Krankheiten auszurotten bzw. nicht durchmachen zu müssen, ist und bleibt wichtig.
Eine Anmerkung zur Impfpflicht in Sachsen
Wie uns in der Fachinformation der IKS Sachsen redaktionell mitgeteilt wurde, hat das Chemnitzer Verwaltungsgerichts am 29.05.2020 eine erklärenden Beschluss zur Masernimpfpflicht gefasst. Das Verwaltungsgericht Chemnitz entschied, dass auch bei dem Wechsel eines Kindes nach dem 01.03.2020 von der Kindertagespflege in eine Kita der Nachweis des Masernschutzes erst bis zu 31.07.2021 zu erbringen sei. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Entsprechend der gerichtlichen Entscheidung wäre der Nachweis des Masernschutzes ab dem 01.03.2020 nur bei Erstaufnahme eines Kindes in eine Gemeinschaftseinrichtung zu erbringen. Im Falle eines Einrichtungswechsels würde demnach die Übergangsregelung greifen. Da es sich um ein Eilverfahren handelte, bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung in der Hauptsache Bestand hat.
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