Wer aus sozialer Not in Wohnungslosigkeit gerät, verliert auch leicht den Anschluss an die gesundheitliche Versorgung – kurz Wohnungslosigkeit gefährdet Gesundheit. Nach Ansicht des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. müssen die Träger des Gesundheits- und Sozialwesens gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um die gesundheitliche Versorgung von Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten zu verbessern. Der Deutsche Verein fordert in seinen kürzlich erschienenen Empfehlungen gezielte Schritte, damit mehr Menschen ohne Wohnung und in sozialen Notlagen erforderliche medizinische Hilfen in Anspruch nehmen.
Geschätzt 250.000 Menschen ohne Wohnung
Hierzu sollen auf der Bundesebene gesetzliche Regelungen der Krankenversicherungen systematisch auf den Prüfstand gestellt und nachgebessert werden. Regelungen über Zuzahlungspflichten bei Medikamenten und Hilfsmitteln, über die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie über Rückzahlungsverpflichtungen bei Beitragsschulden müssen so gestaltet werden, dass ein Ausschluss von Menschen in sozialen Notlagen aus der Krankenversicherung und gesundheitlichen Versorgung verhindert wird.
Geschätzt 250.000 Menschen – so der vierte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung – leben in Deutschland ohne Wohnung. Die meisten von ihnen in Unterkünften oder Wohnheimen. Mehr als 100.000 Menschen sind aufgrund einer Kündigung oder anderer zwingender Gründe von Wohnungslosigkeit bedroht. Diese Menschen brauchen oft eine besondere Unterstützung, um Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu erhalten.
„Wer seine Wohnung zu verlieren droht oder verloren hat, drängt die Sorge um seine Gesundheit in den Hintergrund“, sagt Wilhelm Schmidt, Präsident des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. Existenzängste, Überforderung im Alltag und im Umgang mit Sozialbehörden und Krankenkassen sowie finanzielle Schwierigkeiten sind typisch in diesen Notlagen. Diese Menschen suchen medizinische Behandlung oft gar nicht oder nur in Notfällen auf. Erforderliche Hilfen kommen dann oft zu spät. Dies ist nicht nur mit viel persönlichem Leid verbunden, sondern auch hohe Folgekosten für die Krankenkassen und für die Kommunen –, so Schmidt weiter.
Neue Formen der Zusammenarbeit müssen her
Auf der örtlichen Ebene ruft der Deutschen Verein die Träger des Sozialwesens und des Gesundheitswesens dazu auf, neue Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln. Die Herausforderung besteht darin, über Zuständigkeitsgrenzen hinweg gemeinsame Versorgungsziele zu formulieren und Leistungen im Sinne der Betroffenen zu bündeln. Nur so kann erreicht werden, dass erforderliche Hilfen frühzeitig und passend erbracht und kostenintensive stationäre Langzeitbehandlungen vermieden werden. So sollen Straßenambulanzen oder ärztliche Sprechstunden in sozialen Einrichtungen den Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung öffnen. Fallmanagement und fachübergreifende Beratung sollen gewährleisten, dass wohnungslose Menschen mit Sucht- und psychischen Erkrankungen soziale und therapeutische Unterstützung erhalten, die an die schwierige Lebenssituation dieser Menschen angepasst ist.
Die Empfehlungen sind unter http://www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/empfehlungen_archiv/2014/DV-27-13-Empfehlungen-Gesundheitsbezogene-Hilfen abrufbar.
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