Eine E-Mail erinnert Patienten an ihren individuellen Krisenplan

Mann am Laptop (c) schubalu / pixelio.de

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Chronische Depressionen stellen Therapeuten vor besondere Herausforderungen: Regelmäßige prophylaktische Arzttermine sind aufwändig und in symptomfreien Zeiten unnötig. Doch wie kann man sich anbahnende Krisen trotzdem früh erkennen und abwenden bzw. mildern? Eine Lösung könnten regelmäßige Kontaktaufnahmen über das Internet bieten: Geeignete Strategien werden aktuell in einer Multicenter-Studie unter Federführung der Forschungsstelle Psychotherapie (FOST) am Psychosozialen Zentrum des Universitätsklinikums Heidelberg geprüft.

Am 4. und 5. Dezember 2013 treffen sich renommierte Experten aus Europa, Australien, USA und Südamerika in Heidelberg, um „E-Health“-Angebote in Prävention, Behandlung und Nachsorge psychischer Erkrankungen zu diskutieren. Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Tagung teilzunehmen. Organisator der Konferenz „The role of Information and Communication Technology (ICT) for Mental Health Services in the 21th Century: eMental Health Beyond Placebo-Beating” ist Dr. Hans Kordy, Leiter der FOST. Die Vortragssprache ist Englisch.

Krisenplan per E-Mail oder Chat mit dem persönlichen Betreuer

Die Depressions-Studie prüft zwei eHealth-Angebote, die Patienten in der Zeit bis zur nächsten depressiven Episode begleiten und früh auffangen sollen. Eine Gruppe füllt dazu alle 14 Tage online oder per Smartphone-App einen Fragebogen aus, der automatisch ausgewertet wird. Bei Symptomen einer Depression erhalten die Patienten per E-Mail zur Erinnerung den Krisenplan mit Erste-Hilfe-Maßnahmen, den sie mit ihrem Therapeuten während der stationären Behandlung ausgearbeitet haben. Verschlechtert sich ihr Zustand weiter, folgt die Empfehlung, einen Arzt zu kontaktieren. Teilnehmer der zweiten Gruppe können sich bei Bedarf zu einem Chat mit ihrem persönlichen Betreuer verabreden. „Die Angebote sollen keine Last für die Betroffenen darstellen und trotzdem eine kontinuierliche Unterstützung und wenn nötig eine möglichst frühe Intervention möglich machen. Wir hoffen, so die Krise verhindern oder abmildern zu können“, erklärt Dr. Kordy. Die Studie, an der sechs deutsche Kliniken beteiligt sind, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Ergebnisse sind im Frühjahr 2014 zu erwarten.

Prävention von Essstörungen im Internet

Frühe und unkomplizierte Hilfe ist auch das Ziel des Internet-Portals „ProYouth“, das sich an Jugendliche und junge Erwachsene mit oder mit beginnenden Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie richtet. Hauptziel des von der Europäischen Union geförderten, europaweiten Projekts ist die Prävention dieser psychischen Erkrankungen: „Häufig wissen gerade Jugendliche nicht, dass Essstörungen ein psychisches Problem sind, was sie gegen erste Symptome tun können, an wen sie sich wenden können oder welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt“, erklärt Dr. Stephanie Bauer, Wissenschaftlerin der Forschungsstelle Psychotherapie Leiterin des Projekts. Mit ihrem Team bringt sie das Präventionsprogramm an die Schulen der Region. Unter www.proyouth.eu können sich die Jugendlichen über Essstörungen und ihre Folgen informieren, im Selbsttest herausfinden, ob sie gefährdet sind und über Online-Forum und Chat anonym Kontakt zu Experten aufnehmen. So soll der Entwicklung von Essstörungen vorgebeugt und die Zeit zwischen ersten Symptomen und dem Beginn der professionellen Betreuung verkürzt werden.

Nachsorge per Chat, E-Mail und SMS hat sich in Heidelberg bewährt

Im Bereich der Nachsorge bietet die Forschungsstelle mit Partnerkliniken bereits seit 2001 mit Erfolg E-Health-Unterstützung an, z.B. als Brücke zwischen Klinik und Alltag für Patienten nach einem stationären Aufenthalt. So treffen sich ehemalige Patienten, die z.B. aufgrund von Depressionen, Angst-, Persönlichkeits- oder Essstörungen stationär behandelt wurden, einmal pro Woche in einem speziell gesicherten Internet-Chatroom zu Gruppensitzungen mit einem Gruppentherapeuten, der die Sitzung moderiert. Bei Bulimie-Patientinnen ermuntern standardisierte SMS-Antworten auf die wöchentlichen Lageberichte, die Therapie durchzuhalten – mit großem Erfolg.

Weitere Informationen zu „E-Health“ am Universitätsklinikum Heidelberg:

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Projekte.109742.0.html

ProYouth:
http://www.proyouth.eu

Kontakt:
Dr. phil. Dipl.-Math. Hans Kordy
Telefon: 06221 / 56 7345
E-Mail: hans.kordy@med.uni-heidelberg.de

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